Ein Baukastensystem für FIDs — die VuFind FID-Module

Am 27.05.2020 stell­ten Mitarbeiter*innen der UB Leip­zig und der HAB Wol­fen­büt­tel auf dem #vBIB20 die Koope­ra­ti­on von Fach­in­for­ma­ti­ons­diens­ten (FIDs) inner­halb der finc-Nut­zer­ge­mein­schaft vor. Eine wesent­li­che Neue­rung dar­in sind die VuFind-Modu­le für FIDs, mit denen im Bau­kas­ten­sys­tem FID-Dienst­leis­tun­gen zusam­men­ge­stellt wer­den kön­nen. Mit dem  Fach­in­for­ma­ti­ons­dienst für Kommunikations‑, Medi­en- und Film­wis­sen­schaft adlr.link wird an der UB Leip­zig seit eini­gen Jah­ren ein sol­cher FID betrie­ben, für des­sen Kata­log selbst­ver­ständ­lich die neu­ent­wi­ckel­ten VuFind-Modu­le ver­wen­det wer­den. Wir haben mit dem Koor­di­na­tor von adlr.link, Dr. Sebas­ti­an Stop­pe, über Ent­wick­lung und Anwen­dung der VuFind-FID-Modu­le gesprochen.

Ein kurzer Überblick zu den Modulen

Das, was die Nut­zen­den sehen, ist das Front­end des VuFind (sie­he Abbil­dung 1). Da ist zum einen das Design der Sei­te und dahin­ter die “nack­te” Schnitt­stel­le zwi­schen den Nut­zen­den und dem VuFind-Sys­tem — also zum Bei­spiel der Such­schlitz oder die Inter­ak­ti­ons­mög­lich­kei­ten, die der Nut­zer hat, Ein­ga­be­fel­der, Links usw. Dahin­ter steht dann unse­re gro­ße Neu­ent­wick­lung namens fidis (Akro­nym für “FID Infor­ma­ti­on Ser­vice”). fidis ist sozu­sa­gen das Backend, hier fin­det die Nut­zer­ver­wal­tung statt und auch die Bestell­ab­wick­lung. Durch fidis kön­nen Nut­zen­de die Sei­te für sich per­so­na­li­sie­ren, sie bekom­men dann Infor­ma­tio­nen für ihre Hei­mat­bi­blio­thek ange­zeigt, kön­nen Bestel­lun­gen aus­lö­sen und Lite­ra­tur­lis­ten zusam­men­stel­len. Dann gibt es unse­re eigent­li­chen Modu­le, also zum Bei­spiel das BOSS-Modul, das den Gemein­sa­me-Ver­bün­de-Index abfragt oder das JOP-Modul, das den Resol­ving-Dienst JOP abfragt oder auch das World­cat-Modul. Die­se Modu­le las­sen sich ein­zeln zu einem Por­tal hin­zu­fü­gen, qua­si wie ein Baukastensystem.

adlr.link Frontend

Abbil­dung 1: VuFind-Front­end der adlr.link Startseite

Wie kam es dazu, die FID-Module zu entwickeln?

Es war in der zwei­ten För­der­pha­se von adlr.link ein wesent­li­ches Ziel, das Por­tal von Grund auf zu erneu­ern. Wir ver­wen­de­ten zu Beginn eine mitt­ler­wei­le ver­al­te­te VuFind-Ver­si­on und das wur­de dann zuneh­mend kri­ti­scher, als Sicher­heits­up­dates ein­ge­spielt wer­den soll­ten. Außer­dem hat­ten wir am Anfang unse­re Funk­ti­ons­er­wei­te­run­gen — die wir für den Betrieb des FID brauch­ten — direkt in den VuFind-Code geschrie­ben. Das macht die War­tung auf lan­ge Sicht auch schwie­rig, erst recht, weil im Lau­fe der Zeit immer wei­te­re Funk­tio­nen hin­zu­kom­men sind. Daher war die Auf­ga­be: a) ein neu­es Por­tal­de­sign auf einer aktu­el­len VuFind-Ver­si­on zu ent­wi­ckeln, wel­ches auch auf mobi­len End­ge­rä­ten gut nutz­bar ist und b) im Zuge des­sen auch den “Unter­bau” so zu erneu­ern, dass die FID-Erwei­te­run­gen vom eigent­li­chen VuFind abge­kop­pelt wer­den. So ist es zum einen viel ein­fa­cher, Updates ein­zu­spie­len, zum ande­ren kön­nen auch die Erwei­te­run­gen unab­hän­gig von VuFind wei­ter­ent­wi­ckelt werden.

Wer kann die Module nachnutzen?

Durch die Modu­la­ri­sie­rung kön­nen ande­re Insti­tu­tio­nen den Code ein­fach nach­nut­zen, weil wir ihn Open Source stel­len. Das ist nicht unbe­dingt auf FIDs begrenzt, wenn­gleich hier natür­lich der Fokus liegt. Wir den­ken, dass vie­le unse­rer Ent­wick­lun­gen (z. B. die Resol­ving-Lösung, mit der wir anzei­gen kön­nen, ob Nut­zen­de bereits Medi­en in ihrer eige­nen Biblio­thek nut­zen kön­nen) auch für ande­re FIDs inter­es­sant sein könn­ten, wenn es um Lite­ra­tur­nach­wei­se geht. Die Modu­le sind auch unab­hän­gig von der Dis­co­very-Engi­ne, d. h. ande­re Insti­tu­tio­nen müs­sen gar nicht unbe­dingt auch VuFind nutzen.

Welche FIDs nutzen die Module bereits?

Der FID Buch‑, Biblio­theks- und Infor­ma­ti­ons­wis­sen­schaf­ten (FID BBI), der ja von der Her­zog-August-Biblio­thek in Wol­fen­büt­tel inhalt­lich betreut wird, nutzt bereits die Modu­le nach, nicht zuletzt weil sie in einem gemein­sa­men Ent­wick­lungs­pro­jekt ent­stan­den sind. Ansons­ten gab es schon eini­ge Nach­fra­gen von ande­ren FIDs. Da wir die Ent­wick­lung erst vor kur­zem soweit abge­schlos­sen haben, dass der Code ver­öf­fent­licht ist, gibt es noch kei­ne kon­kre­ten Anforderungen.

Wer war in die Entwicklung involviert?

Das haupt­säch­li­che Ent­wick­ler-Team bestand aus Gre­gor Gawol, Robert Lan­ge und Alex­an­der Purr, die für das adlr.link-Projekt ent­wi­ckeln und Sebas­ti­an Kehr und Dori­an Merz für den FID BBI. Im End­ef­fekt sind die Modu­le aber eine gemein­schaft­li­che Ent­wick­lung aller Mitarbeiter*innen. Das ist wun­der­bar, weil sich so die Syn­er­gie­ef­fek­te gleich bei der Ent­wick­lung und nicht erst bei der (Nach-)Nutzung zei­gen. Dann spiel­te natür­lich André Lah­mann als Pro­duct Mana­ger VuFind eine wich­ti­ge Rol­le und vie­le Kol­le­gIn­nen aus der UB Leip­zig haben hier natür­lich unter­stützt, stell­ver­tre­tend sei­en Claas Kaz­zer, Lydia Unter­dör­fel und Hei­ko Wolf genannt. Als Pro­jekt koor­di­na­tor von adlr.link war mei­ne Auf­ga­be schließ­lich, die Ideen zu for­mu­lie­ren, also wel­che Fea­tures und Funk­tio­nen das Por­tal über­haupt haben soll und wie die aus Nut­zen­den­sicht idea­ler­wei­se aus­se­hen könn­ten. Das Tol­le an die­ser Ent­wick­lungs­ar­beit ist, hin­ter­her zu sehen, dass die Entwickler*innen das dann auch alles wirk­lich so umset­zen kön­nen. Ohne die­ses Know-How wäre das alles nicht mög­lich, inso­fern bin ich den Entwickler*innen unglaub­lich dank­bar, dass das alles so klappt.

Wie geht es weiter mit der Modulentwicklung?

Der Relaunch unse­rer Sei­te war im Dezem­ber 2019 und seit­her haben wir flei­ßig wei­ter­ent­wi­ckelt. Das waren dann am Anfang noch eini­ge Feh­ler­aus­bes­se­run­gen — manch­mal ent­deckt man die­se Feh­ler erst, wenn alles steht. Und auch danach gibt es immer noch klei­ne Din­ge, die einem auf­fal­len und für die man dann neue Ideen hat, wie man sie ver­bes­sern kann. Inso­fern hört die Ent­wick­lung eigent­lich gar nicht auf, nur dass sie im Moment viel­leicht weni­ger sicht­bar ist. Eine wesent­li­che Auf­ga­be ist z. B. auch das Code Review: Da geht es dann weni­ger um neue Fea­tures oder für die Nut­zen­den sicht­ba­re Ver­bes­se­run­gen, son­dern um das Fein­tu­ning “unter der Hau­be”. Also zu schau­en, ob der Code nicht bes­ser oder ele­gan­ter geschrie­ben wer­den kann, um die Funk­tio­nen zu erfül­len, die er erfül­len soll.

Danksagung

Die VuFind FID Modu­le wur­den im Rah­men der DFG-Pro­jek­te „Fach­in­for­ma­ti­ons­dienst für Medien‑, Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Film­wis­sen­schaft “adlr.link”“ (DFG Pro­jekt­num­mer 249151017) und „Fach­in­for­ma­ti­ons­dienst Buch‑, Biblio­theks- und Infor­ma­ti­ons­wis­sen­schaft“ (DFG Pro­jekt­num­mer 325715238) an der Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Leip­zig und der HAB Wol­fen­büt­tel entwickelt.

Kon­takt
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